Jungpferdeausbildung
Was können junge Pferde schon leisten
„Was Hänschen nicht lernt,…
…lernt Hans nimmer mehr!“ Dieser Tatsache bewusst, schickt man die eigenen Kinder schon als kleines Hänschen in den Kindergarten, danach in die Grundschule, dann ins Gymnasium und später auf die Uni zum studieren. Ein vorgegebener Weg, der sinnig, ja normal erscheint. Natürlich sollte dieser Weg immer kindgerecht und möglichst stressfrei sein. Angestrebt ist dabei, das Beste aus Hänschen herauszuholen, ihn zu fördern und als perfekten Hans irgendwann in die weite Welt loszulassen. Doch wie sieht es bei Pferden aus? Wo fängt der Kindergarten an und wann geht ist in die Uni? Frage, die sich vor allem mit Blick auf ein- bis zweijährige junge Wilde stellen.
Alles beginnt mit den zwei wohl üblichsten Wegen, die sich zu Beginn kaum unterscheiden. Viele Pferde bekommen als Fohlen (meist in der zweiten Jahreshälfte) noch ein wenig Kindergarten, sprich das Fohlen ABC, vermittelt – danach aber oft lange nichts mehr. Ein wenig Hufe geben, mal anbinden und von A nach B führen muss reichen. Als Absetzer heißt es dann, ab in die Fohlenherde, ab und zu zum allgemeinen Handling die o.g. Lektionen abrufen, bis es ins richtige Training zum Anreiten geht.
Und genau hier scheiden sich meist die Wege – nämlich beim Alter. Im (Western-)Sport ist es leider nicht unüblich, dass Pferde zweijährig unter den Sattel gehen. Sozusagen nach dem Kindergarten direkt ins Gymnasium, ja schon fast zur Uni, wenn man diese Stufe mit dem Training von Manövern und Lektionen gleich stellt. Was das nun physisch und psychisch für ein dermaßen junges Pferd bedeutet, muss man wohl kaum ausführen. Zieht man das jetzt in Betracht, dann kann ja nur eins richtig sein: Warten, bis das Pferd mindestens drei oder vier Jahre alt ist, und somit das Training der Physis nicht mehr schadet. Die Wachstumsfugen sind geschlossen, es ist genügend Muskulatur aufgebaut – also kann es losgehen. Aber auch hier geht der besagte Schuss oft nach hinten los.
Vergleicht man es wieder mit Hänschen, ist das in etwa so, als würde man einen sechsjährigen Jungen aus dem Kindergarten (Fohlen ABC) herausnehmen, ihn bis er zehn Jahre alt wird antiautoritär erziehen (also eigentlich gar nicht!), um ihn erst auf die Schule zu schicken. Das Ergebnis wird sein, dass das Pferd verpasst hat, Lernen zu lernen. Darüber hinaus sind solche Pferde oft mental und körperlich so stark geworden, dass sie jegliche Ansage des Menschen zunächst einmal in Frage stellen. Hierbei geht es für das junge Pferd aber nicht um gut und böse, sondern um richtig und falsch. Das liegt einfach in ihrer Natur. Als junge Wilde müssen sie sich in dieser Zeit auch in der Herde beweisen und ihren Rang suchen. Verpasst man diese Zeit, tun sie dies auch in der kleinen Herde Mensch-Pferd. Wird dies aber nicht richtig verstanden, reagieren viele Pferdebesitzer mit zu viel Druck, denn schließlich haben 500 bis 600 kg ganz schön was dagegenzusetzen. Wieder ist das Ergebnis nur Stress und nicht selten wird es auch gefährlich für den Menschen. Genau diese Pferde sind es, die bei Trainern zur Korrektur landen, für die man einen Pferdepsychologen zu Rate zieht oder beschließt, nach dem zigsten Abflug erst einmal für ein Jahr nur noch Horsemanship zu machen. Schnell wird nun klar, der Weg zum Pferd sollte irgendwo dazwischen liegen und um noch einmal den Werdegang von Hänschen zum Vergleich herzunehmen – alle Stufen der Schule und somit des Lernens beinhalten.
Lernen zu lernen
Gerade in den ersten zwei bis drei Jahren kann man sehr gut einen Grundstein für die Fähigkeit des Lernens setzen. Junge Pferde suchen in dieser Zeit förmlich nach Aufgaben und vor allem Führung. Pferde lernen auch viel durch Nachahmen, vor allem in jungen Jahren. Mit diesem Wissen in der Tasche kann man ein Pferd optimal durch diese Zeit begleiten, es sozusagen einschulen und den Weg zum Abi und der anschließenden Universitätszeit ebnen. Wichtig ist aber auch hier, Physis und Psyche des Pferdes zu beachten.
Psyche und mentale Belastung
Erfahrene Horsemen wissen, dass sich selbst erwachsene Pferde am Stück kaum länger als 20 bis 30 Minuten auf neue Aufgaben konzentrieren können. Bei jungen Pferden, die gerade lernen, sich mit neuen Situationen auseinanderzusetzen und das Lernen mit dem Menschen für sich entdecken, ist dies noch weitaus geringer. Hier ist der Mensch gefragt, als guter Lehrer zu erkennen, wann einfach Schluss sein bzw. eine Pause eingelegt werden muss. Zu schnell werden Grundschüler überfordert und der Mensch denkt nur an das Ziel (die Lektion) statt an den Weg. Denn genau er ist es, der in Zukunft entscheidet, wie das Pferd vergleichbare Situation mit dem Menschen meistert.
Nimmt man als Beispiel das Überqueren einer Plane. Hier geht es nicht nur um das reine Drauftreten auf dieses angsteinflößende Hindernis, sondern viel mehr darum, dass das Pferd lernt, mit dem Menschen zusammen solche Situation in Ruhe anzugehen und zu bewältigen. Ein mental überfordertes, oder gar mit Druck über das Hindernis getriebene Pferd wird später ähnliche Situation damit vergleichen und eher ängstlich und mit Panik reagieren, statt gelassen dem Menschen als Führer und Vertrauensperson zu folgen. Auch Pausen zwischen den Trainings, oder besser gesagt Spieleinheiten, sind überaus wichtig. Jeden Tag neue Reize überfordert das junge Pferd sehr schnell, denn auch in jungen Jahren folgt es gerne dem Instinkt zur ständigen Wiederholung und der Gewohnheit. Pferde werden nicht gerne aus ihrem Trott herausgerissen. Diese Erkenntnis kann man sich aber auch zu Nutzen machen, in dem man schon früh so manche Situation, sei es der lärmende Traktor, der sich öffnende Regenschirm, der Weg ins Solarium oder der Spaziergang vorbei an Gespenstern aller Art zum oben benannte Trott macht. Stressfrei und nachhaltig.
Physis
Körperlich noch lange nicht fertig, ist es aus osteopathischer Sicht ein absolutes No-Go, Pferde vor dem dritten Lebensjahr zu reiten. Damit ist auch nicht gemeint, dass ein Pferd im Januar als drei gilt. Einem im Mai oder Juni geborenen fehlen da noch immer sechs Monate Entwicklung. Und das betrifft nicht nur den Rücken, sondern den kompletten und sehr komplexen Bewegungsapparat mit seinen unzähligen Gelenken und Bändern. Aus Sicht eines Tierarztes oder Osteopathen dies nun aufzuschlüsseln, die Wachstumszonen beschreiben und etwaige Gelenksveränderungen mit ihren Spätfolgen aufzuzeigen, ist aber nicht Inhalt dieses Artikels und ist zweifelsohne einen Sonderartikel dieses medizinischen Problems wert. Fakt ist aber: ohne oder mit zu kurzer Vorbereitung kann man das Pferd mit einem Gewichtheber vergleichen, dem man ohne Training sein angedachtes Höchstgewicht einfach mal so auf die Schultern legt.
Aus dieser Sichtweise wird schnell klar, dass es sogar wichtig ist, sozusagen die Aufgabe der Grundschule, den Jährling bis zum Dreijährigen körperlich auf seine Zeit im Gymnasium – das Reiten – vorzubereiten. In dieser Zeit kann man Muskulatur aufbauen, beginnen zu gymnastizieren und das Pferd lehren, auf Abruf einzelne Körperteile zu bewegen. Das erste Ansteuern von Schulter, Hinterhand und die Aktivierung des Nacken-Rückenbands sind wichtige Bestandteile, die es später leicht machen, wenn man im Sattel sitzt. Aber auch hier gilt: weniger ist manchmal mehr. Jedes Fohlen bzw. Jungpferd läuft auf der Koppel kleine und große Zirkel, stoppt aus vollem Lauf und macht schon die ersten Rollbacks. Auch Steige stehen auf dem alltäglichen Aerobic Programm. Nicht selten sieht man schon Fohlen im Ansatz zum Kompliment, tief gebeugt das Gras von der Nachbarweide genießen. Dieses Bewegungspotenzial zu koordinieren und spielerisch in ein Trainingsprogramm aufzunehmen, ist sicher nicht schädlich. Nur darf man darf es eben nicht übertreiben. Einen Jährling 20 Minuten lang an der Longe Scherkräften auszusetzen, ist bestimmt nicht förderlich. Zu hoch ist hierbei die Belastung im Bereich der Gelenke. Hinterhand verschieben, das junge Pferd einige kleinere Volten bis mittlere Zirkel an Hand zu arbeiten oder die Schulter im Schritt zu kontrollieren, sind aber natürliche Bewegungsabläufe und überbelasten das junge Pferd sicher nicht.
Was aber ist mit der Führanlage? Auch wenn der junge Conan (alias Arnold Schwarzenegger) in der Tretmühle groß, kräftig und vor allem stark wurde, gilt auch hier für Jungpferde: besser bleiben lassen! Leider gibt es viele Züchter, die ihre Nachwuchsstars auf die Haltershows und Zuchtschauen mit derartigem Training, begleitend von entsprechenden Futtermengen und Zusatzpräparaten, zu richtigen Bodybuildern machen. Doch dies hat oft fatale Folgen. Zum einen ist auch hier Vorsicht im Bereich der (meist zu langen) Belastung auf den Beinapparat des Jungpferdes geboten, zum andern ist die gesamte Konstruktion von Gelenken, Bändern und Sehnen noch nicht auf diese unnatürlich schwere Muskelmasse ausgelegt.
Auch beim Jungpferd sollte man bereits frühzeitig den Hufschmied oder einen qualifizierten Huforthopäden bzw. Barhufpfleger das wichtige Fundament des Pferdes – die Hufe – bearbeiten lassen. Früh erkannte und korrigierte Fehlstellungen vermeiden spätere, manchmal irreparable Folgeschäden.
Die ersten 12 Monate im Kindergarten
In diesen ersten Monaten befindet sich das Fohlen noch im Kindergarten. Es sollte bereits in den ersten 6 Monaten Aufgabe sein, das Halfter zu akzeptieren und sich führen zu lassen. Auch Anbinden, Hufe geben, sich überall anfassen lassen sind wichtig, um den Alltag im Stall und mit Menschen zu meistern. Auch, um für den Hufschmied oder Tierarzt bereit zu sein, ist das wichtig. In dieser Phase sollte man die Mutterstute in das Geschehen miteinbeziehen. Dies fördert zum einen den Nachahmungseffekt und vermeidet Unruhe. Ein durch das Rufen der Mutter abgelenktes Fohlen wird selten gelassen bleiben und sich auf die geforderte Situation konzentrieren. Hat man eine sehr gelassene Mutterstute, kann man auch bereits mit Ausflügen über Stock und Stein oder Angsthindernissen (Plane, Brücke) beginnen. Auch Verladen ist eine tolle Geschichte, vorausgesetzt die Mutterstute ist gelassen und absolviert dies alles ruhig und vor allem ohne anzugfragen, ob sie das Abverlangte auch wirklich tun muss. Fohlen schauen sich nämlich nicht nur Gutes ab, der Nachahmungseffekt funktioniert leider auch bei Unarten und Ängsten. So wird ein Fohlen, das von der wasserscheuen Mutter immer um die auch noch so kleine Pfütze herumgeführt wurde, ebenfalls versuchen, Wasser zu meiden.
Nach dem Absetzen gilt es, dem Fohlen bzw. Jungpferd auch als Mensch Sicherheit zu vermitteln und die Führposition der Mutter einzunehmen. Spaziergänge und bereits mit der Mutter o.g. erarbeitete Hindernisse bilden hier eine optimale Grundlage zur Beziehungsfindung. In dieser Zeit sollte man auch bereits die Führposition festlegen und eine Basis für die spätere Bodenarbeit bzw. Horsemanship aufbauen. Hier gehen die Meinungen bei vielen Trainern aber etwas auseinander. Gerade Horsemanship Trainer möchten das Jungpferd wie später auch das erwachsene Pferd mit einem gewissen Abstand hinter sich haben, um somit die Führung zu haben und das Pferd folgen zu lassen. Das kann aber auch einige Nachteile und sogar Gefahren mit sich bringen. Zum einen hat der Mensch in dieser Position wenig Einfluss auf die Bewegung des Pferdes, zum anderen vor allem kaum Kontrolle. Darüber hinaus sollte man nie vergessen, dass man mit einem absoluten Fluchttier arbeitet. Noch so gelassen, besteht immer die Möglichkeit, dass das Pferd erschreckt und unkontrolliert nach vorn stürmt, um sich der Situation zu entziehen. Im schlimmsten Fall kann es den Menschen überrennen bzw. umrempeln und dabei sogar verletzen. Läuft es vorbei, wird es aber so viel Schwung aufgebaut haben, dass es schwer wird, es zu stoppen. Sicherer ist es, bereits dem Jungpferd die Position Kopf-Schulter beizubringen. In dieser hat man nicht nur jederzeit die Kontrolle nach rechts und nach links, sondern man kann das Pferd im Notfall auch besser in der Vorwärtsbewegung bzw. im Tempo kontrollieren. Diese Position lässt sich auch später beim Training als Handpferd optimal umsetzen. Hier möchte man sicher kein Pferd, das ständig hinter dem Reitpferd herläuft, am Strick zieht oder aufläuft bzw. das Reitpferd treibt.
Wichtig ist zudem, bereits in dieser Phase des Führtrainings beide Seiten des Pferdes zu berücksichtigen. Das Führen nur auf der linken Seit kommt aus Kriegszeiten bzw. dem späten Mittelalter, als man noch einen Säbel oder Degen trug. Dieser lies natürlich ein Führen und schon gar kein Aufsteigen von rechts nicht zu. Doch wer trägt heute noch einen Degen mit sich. Leider gibt es aber noch immer viele Pferde, die ein Problem damit haben, wenn sie von der rechten Seite geführt oder gehalten werden. Nicht selten kommt es dann bereits bei banalen und alltäglichen Situationen zu Problemen. Dies kann das Führen an einer Straße sein oder das Überwinden eines Hindernisses oder Engpasses im Gelände. Nicht selten geht das soweit, dass Pferde Problem haben, einen Handwechsel bei der Arbeit am Arbeitsseil oder der Longe durchzuführen. Die ersten 12 Monate, also Kindergarten bzw. Vorschule, bilden das Grundgerüst für die spätere Arbeit und können diese um einiges erleichtern.
Die Grundschule
Nachdem im Kindergarten die ersten Schritte zum „Lernen zu Lernen“ gemacht wurden, beginnt eine Zeit, in der der Jährling bereits spielerisch an die Arbeit herangeführt werden kann. In dieser Phase lernt er sehr schnell, die Körpersprache und Signale des Menschen umzusetzen. Aus der gewohnten Führposition heraus kann man nun beginnen, das junge Pferd zu schicken und Volten oder später auch kleine Zirkel zu laufen. Auch eine Kontrolle der Schulter und das Verschieben der Hinterhand kann man hier mit einigen Schritten immer wieder einbauen. Natürlich wird hier auch bereits von beiden Seiten mit dem Pferd gespielt.
Arbeiten kann man dies sicher noch nicht nennen und es sollte auch nicht in Arbeit und vor allem Druck ausarten. Zunächst geschieht dies alles im Schritt. Bietet der junge Wilde eine höhere Gangart an, kann man diese gerne aufnehmen und bereits im Ansatz mit einem Stimmkommando (z.B. Schnalzen oder Küsschen) unterbauen, das man später bewusst für diese Gangart einsetzt. Das ist auch die Zeit zur Gewöhnung an Gerte oder Horseman Stick. Das Pferd sollte aber nie damit bestraft werden. Stick oder Gerte müssen immer als verlängerter Arm fungieren. Diese können zwar das Pferd schicken aber ebenso liebevoll streicheln. Er ist ein Hilfsmittel, um die Distanz zum Pferd zu verkürzen und es zu gewünschten Aktionen bzw. Reaktionen aufzufordern. Hat das Pferd erst einmal Angst vor Gerte oder Stick, fällt schnell ein wichtiges Hilfsmittel zur feinen Kommunikation weg.
Klassische Arbeit am Boden ist neben den üblichen leichten Übungen aus dem Horsemanship auch ein gutes Basistraining. Natürlich redet man hier nicht von Ansätzen zur Piaffe, aber ein Gerteweichen bzw. auch schon ein Gertefolgen an der Bande oder später auch frei, lässt sich wunderbar von dem Grundschüler zwischen dem 12. und 24. Lebensmonat erlernen. Was Hänschen hier lernt, hilft Hans später bei der echten Arbeit in der Gymnastizierung. Das so wichtige Schulterherein geht dann plötzlich wie von alleine, hat es Hänschen doch bereits spielerisch erlernt und abgespeichert.
Wie im Kindergarten kann man diese Zeit auch nutzen, den Jährling an viele Situationen und die Bewältigung von Hindernissen zu gewöhnen. Dies fängt beim Abspritzen, Sprühflaschen, Regenschirmen, Traktoren, der befahrenen Straße oder Flatterbändern an, und muss mit einem Besuch in einem Natur- oder Extrem Trail Park lange nicht aufhören. Dieser eignet sich z.B. optimal. um auch schon die Koordination und die Balance des Jungpferdes zu schulen. Neben dem Spaß, den so ein Training macht, ist es auch eine tolle Sache zur Teambildung zwischen Mensch und Pferd.
Die Grundschullehrer
All die bisher genannten Trainingsvorschläge klingen sehr spielerisch und sollten so auch umgesetzt werden. Doch ein Spiel an sich ist es sicher nicht. Es gehört viel Erfahrung dazu, das richtige Maß zu finden. Auch das Timing für das wichtige Nachgeben, der Blick für die körperliche Verfassung des Jungpferdes und das Gefühl für das mentale Feedback sind wichtig, um ein sicheres Fundament für das spätere Training zu schaffen. Erst einmal eingebaute Fehler lassen sich oft schwer beheben und können gerade in dieser Zeit mentale wie körperliche Schäden hervorrufen. Aus diesem Grund sollten sich unerfahrene Fohlenbesitzer bereits hier professionellen Rat bzw. Hilfe von erfahrenen Trainern holen. Auch bei Hänschen sind es die Grundschullehrer, die Einfluss darauf haben, was Hans später erreichen kann – Hauptschulabschluss oder Abitur.
Das Pferd wird zwei Jahre
Wie einleitend angesprochen, ist das Pferd im Sportbetrieb mit 24 Monaten oft schon seit 3 bis 4 Monaten unter dem Sattel. Es ist nicht unüblich, Pferde im Januar ihres zweiten Lebensjahres bereits ins Reittraining zu nehmen. Das hat zum einen sicher finanzielle Gründe. Je früher im Sport erfolgreich, desto früher kann man das Pferd verkaufen oder als Deckhengst vermarkten. Der andere Grund ist wohl auch der, dass diese mit knapp zwei Jahren weder mental noch körperlich in der Lage sind, sich zu wehren. Das macht es dem Bereiter um einiges einfacher. „…mit 100 kg mehr kauf ich dem den Schneid nicht mehr so leicht ab!“, ist eine Aussage, die man da schon mal zu hören bekommt.
Hänschen soll aber einen soliden, pferdegerechten und vor allem gesunden Ausbildungsweg bestreiten. Das heißt, er wird mit zwei Jahren Zeit von viel Spiel, langsam in ein wirkliches Training übergehen – aber noch immer am Boden und ohne Reiter. In dieser Zeit bis zu seinem dritten Lebensjahr wechselt das Jungpferd sozusagen fließend von der Grundschule in die weiterführende Schule. Das ist die Zeit, in der man verstärkt mit Horsemanship Lektionen am langen Arbeitsseil oder Longieren beginnen kann. Im Prinzip eignet sich nun jegliche Arbeit am Boden zur Ausbildung und vor als Vorbereitung zum Reitpferd. Die bereits angesprochene klassische Handarbeit am Boden ist hierbei optimal zur Gymnastizierung und Aktivierung der Hinterhand.
Ob an der Bande oder auf dem Zirkel in gebogener Linie, helfen Schulterherein oder Gruppeherein das Pferd zu dehnen, den Nacken-Rückenapparat zu spannen und somit bereits jetzt den Rücken aufzuwölben, statt ihn mit 100 Kg (Reiter plus Sattel) wegzudrücken. Diese erste, wirkliche Gymnastizierung hilft außerdem, das Pferd geradezurichten und aus der natürlichen Schiefe zu holen.
Auch die Doppellonge mit ihren verschiedenen Möglichkeiten der Verschnallung hilft, das Pferd zu trainieren. Man kann das Pferd dabei bereits vom Boden aus fahren und somit an der horizontalen und vertikalen Nachgiebigkeit arbeiten.
Irgendwann kommt der Sattel ins Spiel. Wenn das Pferd die beschriebenen Phasen des Kindergartens und der Grundschule absolviert hat, ist das erste Satteln meist absolut unproblematisch. Man kann ihn bei der Arbeit am Boden immer wieder auflegen, damit longieren oder das Pferd von einem anderen Pferd aus arbeiten. In dieser Zeit, zwischen zwei und dem Anreiten mit drei Jahren, lernt das Pferd, den Sattel bei der Arbeit zu tragen, den Druck am Bauchgurt sowie schwingende Steigbügel als normal anzusehen. Pferde, die später in der Hackamore ausgebildet werden sollen, finden in dieser Zeit auch den ersten Kontakt zum Bosal. Man kann damit am Boden sehr gut arbeiten und den Grundstein für eine fundierte altkalifornische Ausbildung legen.
Doch auch in dieser ganzen Zeit der Ausbildung am Boden gilt: Arbeitet man zum ersten Mal mit Jungpferden, sollte man einen erfahrenen Trainer zu Rate ziehen.
Horse to Horse… mit einem Pony Horse
Ein Jungpferd in der Zeit des Anreitens von einem anderen Pferd aus zu arbeiten, es weichen und auch folgen zu lassen, ist eine alte Trainingsmethode, der viele Trainer nachgehen. Bereits in der Grundschulzeit kann man damit beginnen. Bei ersten kleinen Ausritten als Handpferd, lernt das junge Pferd unheimlich viel von einem ruhigen und erfahrenen Reitpferd. Auch bei der ersten Arbeit auf dem Platz wird es versuchen, dieses zu kopieren und dessen Wege zu gehen. Es lernt aber auch den Menschen in einer instinktiv gefährlichen Position kennen und akzeptieren – die des Raubtieres über dem Pferd. Zunächst im Schritt, kann man bei diesen Ausritten später auch alle Gangarten einbauen. Übergänge zu reiten, fördert schon hier die Balance und die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd. Es kräftigt die Muskulatur und den Sehnenapparat. Aber auch hier ist weniger manchmal mehr. Kleine Ausritte können sehr produktiv und förderlich sein, Tages- oder gar Wanderritte (leider alles schon erlebt!) sind für Jungpferde ein No-Go, da sie das Pferd einfach überfordern.
Auch die Freiarbeit Horse to Horse (Pony Horse – siehe Video hier auf der Homepage) muss man von allen Seiten betrachten. Im Round Pen, auf dem Platz oder in der Halle ist es für erfahrene Reiter mit einem entsprechend ausgebildeten Pferd eine wirklich effektive Ausbildungsmethode. Im Gelände bei Ausritten kann dies aber durchaus gefährlich werden. Auch wenn das Fohlen bzw. Jungpferd zunächst einmal bestrebt sein wird, bei der Herde (wenn auch nur aus zwei Pferden bestehend) zu bleiben, ist und bleibt es ein Fluchttier. Erst einmal in Panik und damit ins Laufen geraten, hilft da auch kein mitgeführter Horseman Stick und schon gar kein mental aufgebautes Band, um das Pferd zu halten. In dieser Situation kann sich nicht nur das flüchtende Pferd verletzen, es bildet auch eine erhebliche Gefahr für Dritte. Leider sind wir nicht in Wyoming, wo das Pferd niemandem begegnen wird, sondern in Good Old Germany, und da ist die Bundestraße oft direkt am Ende des kleinen Waldes. Hier gilt also: eine tolle Sache und das in der verschiedensten Altersstufen nur im Gelände bitte vorher über die Wege und die Umgebung nachdenken!
Equipment
Gebiss oder nicht Gebiss, Kappzaum, Knotenhalfter oder Dually Halfter? Gute Frage. Solange es pferdegerecht und richtig eingesetzt ist, hat jedes Equipment seine Berechtigung, Vor-, aber auch Nachteile. Es bietet sich an, z.B. ein Jungpferd bereits an eine Wassertrense zu gewöhnen, es aber nicht damit zu longieren oder zu fahren. Hier ist es zu wichtig, das Pferdemaul fein zu erhalten. Ein Knotenhalfter kann richtig eingesetzt die Kommunikation zwischen Reiterhand und Pferd verfeinern, im Ernstfall auch mal helfen, sich durchzusetzen. Zu hart eingesetzt, kann es bei einem Fohlen mit seinen noch weichen Knochen aber auch schnell einen bleibenden Schaden im Bereich des Genicks verursachen. Hier sind sicher die eigene Erfahrung, der Trainer, mit dem gearbeitet wird, und der angestrebte, spätere Werdegang ausschlaggebend für die Wahl des Equipments.
Die Reithalle
Die Zeit der Arbeit am Boden kann man auch sehr gut nutzen, um das Pferd an eine volle Reithalle zu gewöhnen. Grund hierfür ist nicht nur die Anwesenheit fremder Pferde, sondern die Situation, dass diese plötzlich auf einen zu galoppieren. Eine Situation, die das Jungpferd draußen veranlassen würde, entsprechend zu reagieren und u.U. verunsichert oder sogar in Panik geraten lässt. Darüber hinaus lernt es auch, dass es in der Reithalle manchmal Geräusche geben kann, die man nicht sehen kann und an das Rascheln des Pumas im Gebüsch erinnern. Das können Blätter sein, die vom Dach fallen, Hunde oder Kinder, die toben, oder auch nur mal der Wind.
Fazit
Hält man mit Hänschen den kompletten schulischen Werdegang ein, hat es Hans später einmal leicht, sein Abitur zu machen, d.h. angeritten zu werden und die Grundgangarten ausbalanciert mit dem Reiter zu absolvieren. Im Anschluss kommen Uni und Studium. Hier heißt es nun Lektionen und Manöver zu erlernen, die dazu beitragen den Job als Reitpferd (ob als Rinderpony, Reining- oder Dressurpferd) machen zu können. Und all das, was Hänschen gelernt hat, weiß Hans nun schon und kann gelassen an sein Studium heran gehen – ohne sich vor Traktoren, Regenschirmen oder Planen zu erschrecken. Also nicht Kindergarten und Grundschule überspringen und dann direkt mit 3 Jahren satteln und mit dem Studium beginnen!
… ride with your heart! Euer Tom Büchel






